Traueransprache für ____________________________

 

Gedanken aus einem Gedicht der 16- jährigen Selma Meerbaum- Eisinger, vom 7.7.1941. Ein jüdisches Mädchen, von den Nazis in ein SS- Lager in der Ukraine inhaftiert, 1944 an Flecktyphus gestorben. Nur durch eine glückliche Fügung der Geschichte haben die Texte von Selma unter dem Titel „Ich bin in Sehnsucht eingehüllt“ ihren Weg in die Gegenwart und Zukunft gefunden. Mögen diese auch Ihnen als Hinterbliebene beim Tod von ________________ Trost und Ermutigung sein.

 

„Die Bäume sind von weichem Lichte übergossen,
im Winde zitternd glitzert jedes Blatt.
Der Himmel, seidig-blau und glatt,
 ist wie ein Tropfen Tau vom Morgenwind vergossen.

 

Die Tannen sind in sanfte Röte eingeschlossen
und beugen sich vor seiner Majestät, dem Wind.
 Hinter den Pappeln blickt der Mond aufs Kind, das ihm den Gruß schon zugelächelt hat.

Im Winde sind die Büsche wunderbar:
bald sind sie Silber und bald leuchtend grün
und bald wie Mondschein auf lichtblondem Haar
 und dann, als würden sie aufs neue blüh‘n.

Ich möchte leben.
Schau, das Leben ist so bunt.
Es sind so viele schöne Bälle drin.
Und viele Lippen warten, lachen, glüh‘n
 und tuen ihre Freude kund.

 

Sieh nur die Straße, wie sie steigt:
so breit und hell, als warte sie auf mich.
Und ferne, irgendwo, da schluchzt und geigt
 die Sehnsucht, die sich zieht durch mich und dich.

 

Der Wind rauscht rufend durch den Wald,
er sagt mir, dass das Leben singt.
Die Luft ist leise, zart und kalt,
 die ferne Pappel winkt und winkt.

Ich möchte Leben.
Ich möchte lachen und Lasten heben
Und möchte kämpfen und lieben und hassen
Und möchte den Himmel mit Händen fassen
 Und möchte frei sein und atmen und schrei'n.

 

Ich will nicht sterben. Nein!
Nein.
Das Leben ist rot,
das Leben ist mein.
 Mein und dein. Mein…“

 

Liebe _______________________, liebe Familienangehörige und Freunde.

Der Gedanke, nicht sterben zu wollen, keimt in jedem von uns, weil wir in uns einen unbändigen Überlebenswillen haben. Das Leben ist, mit den Worten von Selma, rot, weil ________________ durch Gottes Liebe dieser Welt und auch Euch, liebe Angehörige, eine bestimmte Lebenszeit lang von ____ Jahren geschenkt wurde. Und dieses Leben, das war so reich an Empfindungen und Farben, an Büschen, hoffnungsgrün, an vielen bunten und „schönen Bällen“.

Wir denken heute, am Abschied von ______________ an so viele wunderbare Momente zurück, die uns noch so nah im Gedächtnis sind, als hätte sie der Himmel gerade jetzt „wie ein Tropfen Tau“ in unsere Herzen gegossen.

Es ist tröstlich, dass wir gerade jetzt, nach dem Tod, den Blick auf diese Straße richten dürfen, „wie sie steigt: so breit und hell“, wie sie auf ___________ gewartet hat.

Die Sehnsucht schluchzt und geigt als Schmerz in uns, weil wir _______________ loslassen müssen, damit ____________  mit befreitem Herzen den Himmel mit Hand und Herz zu greifen vermag. Den Himmel, der einer winkenden Pappel gleicht. Den Himmel, in dem neues und ewiges Leben singt, ein Himmel, bei dem ______________ wirklich frei sein darf, atmen und vor Freude schreien.

Und wir? Bleiben wir nicht getröstet zurück? Selma lädt uns ein, mit ihren Zeilen aus dem Lager, _________________ eine Gruß zum Mond zu schicken in der Gewissheit:
Das Leben ist rot,
das Leben ist mein.
 Mein und dein. Mein. Amen.

So wollen wir jetzt miteinander im Gedächtnis an _______________ das Vater unser sprechen:

Vater unser im Himmel …  

 

Segen

Guter Gott,

lege Deinen Himmel auf __________ und uns, die Hiergebliebenen

einen Himmel, seidig- blau und tautropfengleich

Schenke uns in unserer Trauer Menschen, die wie Büsche neu blüh´n, die Lasten heben, die lachen und schweigen, wo Worte fehl am Platz sind, die sprechen, wo das eine Wort fehlt, das Herz und Seele gesund machen kann.
 Darum bitten wir Gott im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.