Netz der Liebe/Versöhnung.
Das Netz der Liebe
Eine alte Legende zu einem Fischerdorf erzählt von einem Brauch, des Ehebruchs überführte Frauen zur Strafe von einer Felsenklippe zu stoßen. Die Frau des Fischers Erik ist mit genau dieser Strafe bedroht. Ihr Todesurteil soll im Morgengrauen des nächsten Tages vollstreckt werden. Des nachts, während die anderen im Dorf schliefen, macht sich Erik ans Werk. Es kann, es darf einfach nicht sein... In den lichten Schwaden des morgendlichen Nebels ist es dann soweit. Eriks Frau wird unter dem jubelnden Beifall der Volksmenge den felsigen Abhang hinunter gestoßen. „Du sollst zerstört werden, wie Du zerstört hast. Für immer sollst Du vom Meer verschlungen werden,“ so rufen sie ihr nach. Die Tradition, die Regeln der Alten wollen es so.
Doch ein Wunder geschieht: Sie fällt zwar tief, aber weich! Denn Erik hat die ganze Nacht über Seil um Seil unter den Abhang gespannt und mit Heu und Reisig ein riesiges Netz gespannt. Sie fällt damit "in ein Netz der Liebe", das nicht Strafe, sondern Verzeihung will. Jesus sagt in der Geschichte vom Ehebruch einer ihm zugeführten Frau zu den Selbstgerechten: "Wer von Euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!".
Er relativiert damit die mutmaßliche Gesetzestreue jener, die auf einen Blick die Verfehlungen der anderen sehen. Er hält ihnen einen Spiegel vor, der von der Dunkelheit ihrer Herzen getrübt wird. Er zeigt ihnen Menschen, denen der Splitter im Augen anderer bedeutsamer ist als die Balken vor ihrem inneren wie äußeren Auge, das mit dem Herzen sieht.
Netze der Hoffnung und der Liebe in unserem Alltag zu knüpfen: das ist doch ein guter Vorsatz für die noch vor uns liegenden Tage der Fastenzeit. Denn wir könnten es morgen selber sein, die zu Fall kommen und uns nach einem sehnen, der uns auffängt, trotz oder gerade wegen unserer Schuld, wegen unseres Versagens. Ich wünsche Ihnen für diesen Morgen und diesen Tag die Erfahrung, sich auch in schwierigen Lebenssituationen in ein solches „Netz der Liebe“ fallen lassen zu können.